Chapter 2

Zusammenfassung 🇩🇪

Die ribosomale Proteinbiosynthese (Translation) ist ein zentraler Prozess in allen Lebensdomänen. In der vorliegenden Arbeit wird der Mechanismus der mammalischen Translation mithilfe der kryogenen Elektronenmikroskopie (cryo-EM) untersucht. Der Fokus liegt hierbei auf den folgenden zwei Aspekten der mammalischen Translation:

1. Die Translokation durch das mammalische, zytosolische 80S Ribosom. Die Translokation ist die gerichtete Bewegung des tRNA2•mRNA Moduls durch das Ribosom während der Elongationsphase der Proteinbiosynthese und ist mit umfangreichen Konformationsänderungen des Ribosoms und der gebundenen tRNAs assoziiert. Sie wird durch die GTPase eEF2 (EF-G in Bakterien) katalysiert. Obwohl während der vergangenen Jahre viel über die Translokation, vor allem im bakteriellen System, zusammengetragen wurde, bleibt der genaue Mechanismus unverstanden. Insbesondere die Rolle der GTP-Hydrolyse ist kontrovers und es fehlen strukturelle Daten über die Translokation im mammalischen System.

In dieser Arbeit werden drei hochaufgelöste Strukturen in vitro rekonstituierter, authentischer Translokationsintermediate des mammalischen 80S Ribosoms präsentiert. Sie konnten mithilfe des nicht-hydrolysierbaren GTP-Analogons GMPPNP eingefangen werden und enthalten im Gegensatz zu ähnlichen Experimenten im bakteriellen System die Translokase eEF2 und ein komplettes tRNA2•mRNA Modul. Die in Kollaboration mit Herrn Prof. Scott Blanchard und seinen Kollegen durchgeführte Einzelmolekül-Bildgebung ergab, dass die GTP-Hydrolyse hauptsächlich späte, geschwindigkeitslimitierende Schritte der Translokation fördert, eine Beobachtung, die in Einklang mit den präsentierten cryo-EM Strukturen steht. Der Vergleich mit dem bakteriellen System schließlich zeigt, dass Unterschiede zwischen bakteriellen und mammalischen Translokationsmechanismen in verschiedenen Dissoziationsraten der deacylierten tRNA von der E Stelle begründet sind.

Desweiteren wird die cryo-EM Struktur eines mammalischen 80S Ribosoms mit einem kompletten tRNA2•mRNA Modul und eEF2•GDP präsentiert, welche aus einer Probe stammt, für deren Herstellung ribosomale Prä-Komplexe in vitro mit eEF2•GTP transloziert wurden. Anders als die mit eEF2•GMPPNP eingefangenen Translokationsintermediate gewährt diese Struktur Einblick in die Interaktion von unmanipuliertem eEF2 mit dem 80S Ribosom.

2) Der Einfluss von Serum auf die Energielanschaft der mammalischen Translation und auf die Struktur des ribosomalen Proteins eS6. Die Behandlung von Zellen mit Serum greift in viele Signalwege ein, doch es ist nicht bekannt, ob auch die Energielandschaft der Translation beeinflusst wird. Serum-Deprivation und -Stimulation kann als Modellsystem für die Verringerung und Steigerung der Phosphorylierung des ribosomalen Proteins eS6, einem Eukaryoten-spezifischen Protein der kleinen ribosomalen Untereinheit, angewendet werden. Die Phosphorylierung des C-Terminus von eS6 wird seit langer Zeit erforscht, jedoch ist ihre mechanistische Bedeutung bisher unbekannt. Vor allem weiß man kaum etwas über mögliche strukturelle Auswirkungen der eS6-Phosphorylierung.

Die vorliegende Arbeit zeigt, dass Serum-Deprivation und -Stimulation keinen Einfluss auf die Energielandschaft der Translation in der zytosolischen Fraktion der ex vivo gewonnenen Polysomen hat. Die Beobachtung eines Unterschieds in den Zelllysatausbeuten zwischen Serum-deprivierten und -stimulierten Zellen führte jedoch zu einer neuen Hypothese, welche die zelluläre Umverteilung von Ribosomen nahelegt. Die Phosphorylierung des ribosomalen Proteins eS6, welche stark mit der Serumbehandlung korreliert, führte zu keinen sichtbaren strukturellen Veränderungen in der kleinen ribosomalen Untereinheit.

Zu guter Letzt führte die Strukturanalyse und in silico Sortierung der erhaltenen Translationsintermediate zu der Identifikation zweier bisher nicht beobachteten Unterzustände des 80S rotierten Prä-Ribosoms sowie zu der erstmaligen Visualizierung zweier verschiedener, nativer Initiationskomplexe.